COLD GROUND STUDIO

Akustik im Homestudio

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Diffusoren und Diffusität im Studio

Schallreflexionen, Hall und Raumakustik

Bei Raumakustik hat man es vor allem mit Reflexionen von Schall zu tun. Der Schall wird von den Wänden, Fußboden, Decke aber auch von den Gegenständen im Raum reflektiert. Dabei wird der Schall nicht nur einfach reflektiert, sondern vor allem auch gebeugt und gestreut. Der Schall wird mit zumehmender Dauer immer diffusser.

Einzig den Bassbereich können wir bei der Betrachtung über Diffusität herauslassen. Denn unterhalb der sogenannten Schröderfrequenz (ca. 200 Hz in normalen Räumen) findet keine wirkliche Wellenausbreitung des Schalls statt. Vielmehr entstehen sogenannte stehende Wellen. Das sind dann die so Raummoden bzw. Resonanzen. Es ist übrigens falsch, dass diese nur zwischen parallelen Wänden auftreten!

Sind die Wellen noch größer, so dass die Wellenlänge länger ist als das Doppelte der Raumlänge, also im ganz tiefen Bereich, schwingt dann die ganze Luft im Raum gleichmässig wie eine Druckkammer.

Wir können also zwei Fälle dieser Reflexionseffekte getrennt betrachten: Einzelreflexionen und das diffuse Schallfeld. Beide klingen auch anders.

Macht man im Raum ein Geräusch, z.B. indem man in die Hände klatscht, dann bewegt sich der Schall, der aus unterschiedlichen Frequenzen besteht, meist kugelförmig rundherum von der Schallquelle weg und gelangt dann früher oder später zum Ohr oder dem Mikrofon. Der zuerst eintreffende Schall der sich auf direkten Weg von der Quelle zum Empfänger bewegt ist der Direktschall. Er kommt auch meist auch am lautesten.
Gleichzeitig wird geht der Schall aber auch zu den Wänden, zur Decke und anderen Oberflächen und wird dort reflektiert und irgendwann auch wieder indirekt zum Empfänger reflektiert. Nach Direktschall kommen dort also noch verschieden laute und um ein paar ms verzögerte Reflexionen an.

Der Schall läuft noch weiter. Er läuft zm Beispiel zur gegenüber liegenden Wand und wird dort erneut reflektiert. Dabei wird er auch gebeugt und gestreut wenn er auf Gegenstände oder Wände trifft. So geht es dann mehrfach hin und her bis der Schall durch die Luft oder den Gegenständen und Wänden hinreichend gedämpft wurde.
Man kann dabei gar nicht mehr von einem Schallereignis sprechen, sondern nur noch vom diffusen Nachhall. Dieser diffuse Nachhall setzt sich zwar aus sehr vielen Einzelreflexionen zusammen, die aber so zufällig (geworden) sind dass sie nicht einzeln auflösbar sind.

Dieser Nachhall macht die empfundene Halligkeit des Raumes aus. Die Zeit bis er um 60 dB abgeklungen ist bezeichnet man als Nachhallzeit RT60. Der Nachhall ist sozusagen der "Hall" des Raumes wie man ihn kennt und meint wenn man von "Hall" spricht. Naturgemäß ist der Nachhall im Bassbereich viel stärker und länger anhaltend als in den Höhen. Hohe Frequenzen werden nämlich stärker gebeugt und gedämpft.

direkte Reflexionen diffuse Reflexionen

Abb 1a. direkte (erste) Reflexionen überlagern sich mit dem direkten Schall
Abb 1b. diffuse Reflexionen: es gibt keine einzelnen Reflexionen mehr, sondern ein diffuses Schallfeld


impulsantwort

Abb 2. zeitlicher Aufbau des Schallfeldes im Raum bei einem Schallimpuls (Impulsantwort)

Der diffuse Nachhall hat mit dem originalen Schall praktisch nichts mehr gemeinsam, auch wenn das Gehör es als zuammenhängend erkennt. Es ist ein Gemisch unterschiedlicher Frequenzen zu völlig statistischen Zeiten. Der diffuse Hall ist nahezu unkorreliert zum originalen Signal. Fast wie ein Rauschen kommt der Hall zwar dazu, verändert den Klang des originalen Klangereignis aber nicht wirklich.

Einzelreflexionen dagegen überlagern sich mit dem originalen Schall und führen, wenn sie gemeinsam auf Ohr und Mikro treffen, zu Klangverfälschungen. Das sind normalerweise blechern-hohl klingende sogenannte Kammfiltereffekte. Man merkt das besonders, wenn man z.B. mit einem Mikro eine Gitarrenbox abnimmt und das Mikro immer weiter von der Box entfernt. Damit wird der originale Klang immer leiser und relativ dazu der Hall aus dem Raum immer lauter. Der Klang wird in gut klingenden Räumen (fast) nur halliger. In schlechten Räumen dagegen klingt es zunehmend topfiger und hohl. Halt "nach Raum". Besonders merkt man es auch beim O-Ton von Reportagen oder Amatuervideos. Es stört vorallem deshalb, weil das Gehör/Gehirn solche Klangverfärbungen „herausrechnen“ kann, wenn man selber in diesem Raum ist. Das Mikro kann das nicht. Und beim späteren Anhören fehlt dem Gehör der Kontext.

Kammfilter ideal Kammfilter real

Abb 3a. Kammfiltereffekt: Frequenzganz bei Überlagerung des direkten Signals mit einer Reflexion, welche um 2.5ms (85 cm) verzögert ist
Abb 3b. realer Frequenzgang im Raum durch Raummoden (unter ca. 200 Hz, vorallem unter 100 Hz) und Kammfiltereffekte (über ca. 200 Hz)

Eine besondere Form dieser störenden Einzelreflexionen sind die sogenannten Flatterechos, welche bei gegenüberstehenden glatten Wänden auftreten. Man hört beim Klatschen mit den Händen tatsächlich ein Art Echo wenn der Raum groß genug ist. In kleineren Räumen klingt es dann mehr metallisch-flanger-artig. Auf jeden Fall aber nicht gut.

Einzelreflektionen können jedoch auch zum guten Klang beitragen. In Regieräumen will man sie eher nicht haben, denn hier möchte man ja hören was aus den Boxen kommt und nicht den Regieraum selber. Im Aufnahmeraum jedoch kann es anders sein. Durch die Reflexionen wird der Raum hörbar, die Instrumente lebendig und natürlich. Man will also nicht alles entfernen, aber die negativen Eigenschaften.

Nachhallzeiten

Abb 4. Reale Nachhallzeit (RT60) im Regieraum. Blau - ohne jede akustische Behandlung, Rot - nach akustischen Maßnahmen, Gelb - gewünschte Nachhallzeit 190 ms.
Im Regieraum wollten wie 190 ms. Im Aufnahmeraum oder Proberaum sind längere Nachhallzeiten (z.B. 500 ms) wünschenswert. Man sieht dass man vorallem in den Bässen und Tiefmitten dämpfen muss, während in den Höhen fast gar keine Maßnahmen notwendig sind.

Bekämpfung unerwünschter Reflexionen

Nachhall

Prinzipiell muss man unterscheiden, ob man den Nachhall verkürzen möchte oder ob man direkte Reflexionen dämpfen möchte. Um den Nachhall zu verkürzen werden diverse Arten von Absorbern benutzt. Im Mitten- und Höhenbereich sind das meist Absorber aus porösen Materialien wie die bekannten Akustikschaumstoffe oder Mineralwolle. Um den Nachhall zu bekämpfen ist es praktisch egal an welcher Wand man diese befestigt! Hauptsache, es ist ausreichend absorbierende Fläche im Raum. Darauf basiert auch die Sabinsche Nachhallformel. Hierbei wird die absorbierende Fläche zum Raumvolumen ins Verhältnis gesetzt.

Aber nicht nur Absorber als solche absorbieren den Schall, sondern auch Möbel und Personen. Desweiteren wirken Möbel und Instrumente selbst wieder schallstreuend. Das verringert die Nachhallzeit abermals, aber die Diffusität wird erhöht. Auch Diffusoren erhöhen die Diffusität (sollen sie ja ...) und verringern dadurch ebenfalls etwas die Nachhallzeit.

Man kann sogar sagen, wenn durch zusätzliche Diffusoren die Nachhallzeit nicht weiter sinkt, ist die Diffusität im Raum maximal.
Möchte man den Absorberbedarf errechnen muss man den Wert, den man mit der Sabinsche Nachhallformel ermittelt, mindestens halbieren, besser vierteln um den Raum nicht zu überdämmen. Gerade in den Höhen ist der Raum schnell überdämmt, also zu dumpf gemacht. Frequenzen von 10 kHz und mehr brauchen oft gar nicht zusätzlich gedämmt zu werden. Umgekehrt sollten Absorber immer so tief wie möglich wirken. Auch wenn es ausreichen würde für bestimmte Maßnahmen nur Höhen zu dämmen!

Reflexionen

Reflexionen müssen dort bekämpft werden wo sie auftreten. D.h. man muss den Schall der in die Ausfallsrichtung reflektiert wird entsprechend dämpfen. Das kann durch Absorption oder eben Diffusität geschehen. Zu beachten ist, dass der Absorber oder Diffusor mindesten die Größe haben muss, die der unteren Wellenlänge entspricht. Ein Absorber von 20 cm x 20 cm ist für Frequenzen von 300 Hz fast unwirksam, selbst wenn dieser entsprechend dick ist und genau am theoretischen Reflexionspunkt befestigt ist. Für Diffusoren gilt analoges.

direkte Reflexionen diffuse Reflexionen

Abb 5a. direkte (erste) Reflexionen überlagern sich mit dem direkten Schall
Abb 5b. diffuse Reflexionen: es gibt keine einzelnen Reflexionen mehr, sondern ein diffuses Schallfeld

Die Unterschiede zwischen Absorption und Diffusität in Bezug auf die Verhinderung von Reflexionen sind die folgenden:
Mit Absorption sind Dämpfungen des reflektieren Schalls um fast 100% erreichbar, vor allem für hohe Frequenzen (>1kHz). Das sind mehr als 20 – 30 dB. Absorption wirkt auch bei kurzen Abständen. Die Schallenergie geht bei Absorption vollständig verloren. Die Nachhallzeit des Raumes sinkt. Das kann ein gewünschter Nebeneffekt sind oder ein störender.

Diffusität durch Diffusoren ist praktisch nur für höheren Frequenzen zu erreichen. Die Dämpfungen des reflektierten Schallanteils ist so ca. 10 - 20 dB. Und das auch noch stärker richtungs- und frequenzabhängig. Das reicht zwar um die negative Effekten der direkten Reflexionen bei Interaktion mit dem direkten Signal zu verhindern, aber es reicht nicht um die direkten Reflexionen vollständig zu eliminieren. Für die Bekämpfung der seitlichen Reflexionen und denen an der Decke reicht Diffusität nicht aus. Der Vorteil der Diffusität gegenüber der Absorption ist, dass die Schallenergie weitestgehend erhalten bleibt. Natürlich haben auch Diffusoren eine minimale Absorption. Die erhöhte Diffusität verringert die Nachhallzeit zusätzlich etwas. Aber der Raum wird nicht spürbar trockener oder dumpfer. Damit kann durch Einsatz von Diffusoren die Raumakustik deutlich verbessern als mit Absorption allein.

Grundlegende Betrachtungen zur Diffusität

Raue Oberflächen streuen den Schall in verschiedene Richtungen. Natürlich müssen die Erhöhungen auch in der Größenordnung der Wellenlänge des Schalls liegen. Eine Rauhfasertapete ist für eine 1kHz-Welle eine glatte Wand. Auch jede Kante von Gegenständen im Raum beugt den Schall, der damit gestreut wird.
Was vielleicht überraschend sein könnte: auch jede glatte Wand streut den Schall ein wenig. Um so mehr je tiefer die Frequenz und je näher der Abstand ist. Man kann Schall nicht wie Licht als Strahlen betrachten. Dazu ist die Wellenlänge der Schallwellen (im Vergleich zu den Raumdimensionen) zu groß. Die Wellennatur des Schalls ist immer zu berücksichtigen. Die Reflexion an einer glatten Wand ist hier mal im Polardiagramm dargestellt:

diffuse Reflexionen

Abb 6. Polardiagramm der reflektierten Anteile von senkrecht einfallenden Schall für 200 Hz (rot) und 2kHz (grün) an einer glatten Wand

Man sieht: erst für hohe Frequenzen kann man Schall näherungsweise als Strahlen betrachten.
Und das ist auch der Grund, warum Absorber zur Verhinderung von Reflexionen eine gewisse Ausdehnung haben müssen.

reale Reflexion an einer Wand

Abb 7. reale Reflexion von Schall an einer Wand, gezeigt mit wenigen diskreten "Strahlen"
Man sieht wie Schall auch neben des idealen Ausfallswinkel reflektiert wird. Deshalb müssen akustische Elemente größer sein als wie mit Spiegelmethode ermittelt.

Für niedrige Frequenzen sind Diffusoren also nicht sonderlich sinnvoll. Für Frequenzen kleiner als die Schröderfrequenz (je nach Raumgröße, rund 300 Hz in normalen Räumen) sind sie gar sinnlos.

Daraus folgt auch, dass man Diffusoren nicht danach beurteilen muss, wie gut sie streuen, sondern um wie viel besser sie streuen als eine glatte Wand.

Womit wir beim nächsten Punkt wären: wie beurteilt man Diffusität?
Um einfache Zahlenwerte zur Hand zu haben um die Streuungseigenschaften von Diffusoren zu bewerten wurden 2 Koeffizienten erdacht:
Das sind der Streuungskoeffizient (scattering coefficient) und der Diffusitätskoeffizient (diffussion coefficient).
Der Streuungskoeffizient gibt ab, wie stark der Schall von der Reflexionsrichtung weggestreut wird. Letztendlich also wie stark der Schall, der in die normale Ausfallsrichtung reflektiert wird, gedämpft ist. Der Diffusitätskoeffizient zeigt wie gleichmäßig die Streuung ist
Eine ideale Streuung gleichmäßig in alle Richtungen hat einen Diffusitätskoeffizienten von 1. Gerade bei der periodischen Anordnung mehrere Diffusormodule bilden sich aber bestimmte Vorzugsrichtungen heraus. Der Diffusitätskoeffizient sinkt daher bei fast gleichbleibenden Streuungskoeffizient. Die Koeffizienten sind frequenzabhängig und werden auch so angegeben. Und sie sind ebenso abhängig von Einfallswinkel.

Überlegungen zum Diffussordesign

Ein idealer Diffusor streut den einfallen Schall gleichmäßig in alle Richtungen. Und zwar unabhängig vom Einfallswinkel und der Frequenz.
Welche Form ist dafür ideal?
Analog zum Lichtdiffusor bestehend aus einer milchigen Scheibe, denkt man vielleicht zuerst an das Pendant der rauen Wand.
Das Prinzip wird des Öfteren auch benutzt. Hierbei werden Wände z.B. aus groben Steinen ähnlich alter Burgmauern gestaltet. Das ist vergleichsweise aufwändig. Zudem müssen die Rauigkeiten recht tief sein, also gröber als übliche Natursteinmauern. Setzt man 1 kHz als untere Grenze an, so sollten die Erhebungen und Vertiefungen mindestens so ca. 15 cm betragen.
Eine raue Wand ist aber im Durchschnitt wieder eine glatte Wand. Trotz Streuung wird noch ein erheblicher Teil in die Reflexionsrichtung reflektiert, weshalb der Streuungskoeffizient einer rauen Wand deutlich niedriger ist als man erwarten würde.
Eine zweite naheliegende Idee ist eine Halbkugel bzw. die eindimensionale Variante davon: ein Halbzylinder.
Ein Halbzylinder ist tatsächlich ein guter Diffusor. Aber hier liegt die Betonung auf ein. Denn mehrere Halbzylinder nebeneinander sind wiederum sehr schlecht. Das mag nicht gleich einleuchten, ist aber so. Und nur einen Halbzylinder zu benutzen geht kaum, da dieser zu tief sein würde.
Erste fundiertere Überlegungen zum Diffusordesign stammen von Manfred Schröder. Er entwickelte die auf Zahlentheorie basierenden Schröderdiffusoren. Diese werden unten nochmals näher vorgestellt.

1D vs. 2D Diffusoren

Eindimensionale Diffusoren haben für Anwendungen im Studio drei Vorteile. Erstens sind sie leichter zu bauen, was den Preis und den Aufwand minimiert. Zweitens streuen sie den Schall in der horizontalen Hauptebene. Damit bleibt noch mehr Lebendigkeit erhalten, was ja der Sinn eines Diffusors im Studio ist. Und drittens absorbieren sie weniger. 2D-Diffusoren habe durch ihre vielen kleinen Kammern eine deutlich höhere Absorption.
Für eine vollständige Diffusität sind 2D-Diffusoren besser, weil sie eben den Schall wirklich dreidimensional streuen. Aber dann bräuchte man auch mehr davon und weniger Absorber. Ein vollständig diffuses Schallfeld verringert zusätzlich die Nachhallzeit. Ein völlig diffuses Schallfeld ist vor allem in Hallräumen zur Absorptionsmessung sinnvoll. Dort verwendet man aber ein völlig andere Art von Diffusoren, die mitten im Raum hängen anstatt an der Wand.
Aber im Studio braucht man keine vollständige diffuses Schallfeld. Sondern man möchte lediglich störende Reflexionen bekämpfen ohne zu viel Absorption in den Raum zu bringen.

Schröder-Diffusoren

Wir erinnern und an das Huygenschen Prinzip: Jeder Punkt ist Ausgangspunkt einer neuen Welle, die sich mit den anderen überlagert.
An einer glatten Wand überlagernd sich die von der Wand in alle Richtungen ausgestrahlten neuen Wellen so, dass eine resultierende Welle in Reflexionsrichtung entsteht.
Wenn man dies nun stört, indem man die Reflexionseigenschaften der Wand ändert, dann funktioniert diese Überlagerung nicht mehr so und es ergibt sich Streuung, die Wellen sind quasi „durcheinander“.
Bei den Binary Amplitude Diffusoren wird das erreicht, indem man absorbierende und reflektierende Streifen (1D-Variante) in einem bestimmten Muster nebeneinander anordnet. Um optimal zu streuen muss das Muster quasi zufällig sein, und wie weißes Rauschen alle Frequenzen gleichmäßig enthalten. Eine Art solcher Pseudo-Zufallsmuster sind Maximalfolgen (maximum length sequence MLS). Binary Amplitude Diffusoren arbeiten nur in einem eng begrenzten Frequenzbereich. Ausserdem absorbieren sie prinzipbedingt rund 50% des Schalls.

binary amplitude diffusor

Abb 8. Prinzip eines Binary Array Diffusors: Absorbierende Flächen wechseln sich mit reflektierenden ab. Oben massiv, unten Absorber mit reflektierenden Material (Holz, MDF) bedeckt. (Schalleinfall und Reflexion nur schematisch!

Eine bessere Streuung, noch dazu ohne notwendige und eigentlich ja unerwünschte Absorption ist möglich, wenn man mehrere Kammern mit unterschiedlicher Tiefe nebeneinander anordnet.
Das Prinzip dabei ist, dass der Schall in den Kammern unterschiedlich lange läuft und so eine Zeitverzögerung, also eine frequenzabhängige Phasenverschiebung, erfährt. Man hat so scheinbar eine Oberfläche geschaffen, die mit unterschiedlicher Zeitverzögerung reflektiert. Dabei wird angenommen dass die Kammern klein gegenüber der Wellenlänge sind. D.h. die Wellen breiten sich als parallele Welle innerhalb der Kammer aus und werden auch so reflektiert. Für hohe Frequenzen trifft das aber nicht mehr zu. Hier versagt das Schröder-Prinzip! Deswegen haben Schröder-Diffusoren eine obere Grenzfrequenz. Wichtig hierbei: das betrifft nur das mathematische Prinzip. Diese Diffusoren streuen sich auch in höheren Frequenzen noch gut! Allerdings mehr und mehr aufgrund der Form.

qrd diffusor

Abb 9. Prinzip eines QRD Diffusors: Verschieden tiefe Kammern verzögern den Schall unterschiedlich. (Schalleinfall und Reflexion nur schematisch!)
Entscheidend ist hier dass an der Oberfläche der Schall unterschiedlich verzögert wird und damit eine unterschiedliche Phasenlage hat.


QRD Diffusor Zelle mittlere Frequenz QRD Diffusor Zelle sehr hohe Frequenz

Abb 10. links: Das Prinzip eines QRD Diffusors basiert u.a. darauf, dass die Wellenlängen größer als die Kammernbreite ist. D.h. dass der Schall sich weiterhin parallel in der Kammer bewegt. Verlässt der reflektierte Schall die Zelle breitet er sich gemäß dem huygenschen Prinzip kreisförmig aus.
rechts: Wird die Wellenlänge kleiner als die Kammernbreite (also die Frequenz größer als die obere Grenzfrequenz) bricht das Schröderprinzip zusammen. Aber dennoch wird durch Beugungen noch gut gestreut. (es sind nicht alle Teilwellen eingezeichnet)

Schröder-Diffusoren gibt es in eindimensionaler und zweidimensionaler Ausführung. Sie bestehen aus einzelnen „Kammern“ deren Tiefen von einer mathematischen Sequenz bestimmt wird. Z.B. bei QRD (Quadratic Residue Diffussor) durch eine Folge sn = n² mod N. Wobei n von 0 läuft und N eine Primzahl ist. Sn ist dann der Faktor für die Tiefe. Sehr oft wird bei kommerziellen Produkten N = 7 gewählt, denn bei dieser Zahl ist zufällig eine geringere Tiefe bei gleicher unterer Grenzfrequenz notwendig.
Die Mathematischen Folgen aus der Zahlentheorie haben vereinfacht gesagt die Eigenschaft, quasi wie zufällig zu sein, ohne jedoch tatsächlich zufällig zu sein. Und sie sind damit auch noch gleichmässiger durcheinander als echter Zufall. Denn beim echten Zufall kann ja auch zufällig eine Ordnung oder Häufung auftreten. Nur mal als Andeutung seien Stichtwörter wie Fouriertransformation und minimale Autorkorrealation erwähnt.

Finless Diffusoren

Schröder-Diffusoren haben ein paar Nachteile. Sie sind aufwändig zu bauen und damit sehr teuer. Desweiteren führen die Kammern zu erhöhter Absorption. Schröder-Diffusoren streuen also nicht nur, sondern sie absorbieren auch. Man kann sogar Schröder-Diffusoren extra als Absorber optimieren und dort einsetzen wo poröse Absorber nicht möglich sind.
Ein naheliegender Gedanke ist, einfach die Zwischenwände (engl. fins) wegzulassen. Diese Idee ist einerseits gut, denn damit wird die Herstellung sehr vereinfacht. Aber andererseits schlecht, denn das Prinzip des Schröder-Diffusors bricht so zusammen. Es funktioniert noch einigermaßen bei 2D-Diffusoren, aber 1D- Schröder-Diffusoren ohne Fins haben sehr schlechte Streueigenschaften. Sowohl was die Reflexion in verschiedene Richtungen betrifft als auch der Frequenzgang.
Durch die nachwievor komplizierte Oberfläche ergibt sich zwar noch eine deutliche Schallstreuung, jedoch lange nicht so gut, wie bei einem „richtigen“ Schröder-Diffusor und nicht viel besser als andere strukturierte Oberflächen.
Trotzdem ist die prinzipielle Idee, treppenförmige Diffusoren zu bauen, erfolgversprechend. Eine erste Idee war, herkömmliche Schröder-Diffusoren zu nehmen, die Fins zu entfernen und die Treppenstruktur zu optimieren. Das gelingt zwar ein bisschen, führt aber nicht zum optimalen Design. D’Antonio schlägt vor, zylinderförmige Treppenstrukturen zu nehmen. Aber auch das führt nicht zu sehr guten Ergebnissen. Aber es ist der richtige Weg.
Auch hoffentlich verständlichen Gründen, möchte ich nicht verraten, wie genau unsere Diffusoren konstruiert wurden. Es war jedoch recht schnell klar, dass es den optimalen Diffusor nicht geben wird. Optimiert man einen Parameter, werden dafür andere schlechter. Generell werden die Eigenschaften umso besser, je schmaler die Treppen werden. Zu optimierende Eigenschaften, die nicht alle gleichzeigt optimal sein können, sind:

Gerade letzteres ist ein interessanter Punkt. Denn es gelingt, Diffusoren zu konstruieren, die für senkrecht einfallenden Schall sehr gut sind, aber dann für Schall der mit 45° einfällt sehr schlecht ist. Und umgekehrt.
Unsere Diffusoren sind dahingehend optimiert, dass sie für plus minus 45° relativ gleichmäßig sehr gut sind, wobei der Schwerpunkt im Bereich plusminus 22° liegt.
Je tiefer man die Einsatzfrequenz legt, desto welliger ist der Frequenzgang.
Ein weiteres Optimierungskriterium war, wie verhält sich der Diffusor in einer Anordnung mehrere Module nebeneinander. Bei der Optimierung betrachteten wir nicht ein Modul, sondern mehrere Module nebeneinander. Oft auch Baker-Moduliert. Wirklich gute finless Diffusoren zu kontruieren braucht es etwas „Fingerspitzengefühl“ und natürlich die Anwendung von BEM-Simulation des Schallfeldes, was die Konstruktion überhaupt erst möglich macht.
Es gelingt so, optimierte finless Diffusoren (OFD) zu konstruieren, die aufwändigen QRD-Diffusoren nicht nachstehen!
Es gibt aber einige preiswerte kommerzielle Diffusortypen die sehr schlechte Performance-Eigenschaften haben. Wir möchten an dieser Stelle, die Konkurrenz nicht schlecht machen, zumal es auch sehr gute Designs gibt. Aber wir möchte sagen: Augen auf bei Diffusor-Kauf bzw. -Bau.

Ich hoffe ich konnte etwas Klarheit in das komplexere Thema bringen.